Brandenburgs Tierhalterkonferenzen
offenbaren destruktive Agrarpolitik

Pressemeldung

LBV-Pressestelle

Meike Mieke

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Auf den jüngsten LBV-Netzwerktreffen der Tierhalter Brandenburgs – der Tag des Schweinehalters am 19. September und die Brandenburger Milchkonferenz am 1. Oktober 2024 – offenbarte sich deutlich der Gegensatz zwischen praxisferner Agrarpolitik und zukunftsorientierter Tierhaltung. Neben den hohen Anforderungen für die kostenintensive Umrüstung von Tierställen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (Verwaltungsvorschrift TA Luft), dem verstärkten Druck des Lebensmitteleinzelhandels, die Haltungsstandards zu erhöhen, zeichnen sich weitere große Herausforderungen bei der geplanten Novelle des Tierschutzgesetzes durch die Bundesregierung ab.

So sollen das etablierte schonende Verfahren des Verödens der Hornanlagen bei Kälbern mittels Schmerzmittelgabe und Sedierung als auch das schmerzarme Schwanzkupieren bei Ferkeln kurz nach der Geburt durch die Tierhalter beträchtlich erschwert werden. Der Gesetzesentwurf sieht für das Veröden der Hornanlagen zukünftig die Lokalanästhesie vor, die nur vom Veterinär vorgenommen werden kann. Die Ringelschwänze bei Schweinen sollen zudem nur noch maximal um ein Drittel in Verbindung mit weiteren Dokumentationspflichten gekürzt werden dürfen. Allein diese Maßnahmen sind in der Praxis nicht realisierbar. Sie belasten die Tierhalterinnen und Tierhalter in nicht mehr nachvollziehbarer Art und Weise zusätzlich und tragen zudem nicht zu mehr Tierwohl bei.

Es sei im höchsten Maße realitätsfern, so die Teilnehmenden, ihnen Misstrauen auszusprechen, indem das Veröden der Hornanlagen ausschließlich in die Hände der Veterinäre gegeben werden soll, als auch für das Schwanzkürzen zusätzliche Einschränkungen vorzusehen. Beide Maßnahmen seien langjährig erforschte und praxiserprobte Vorsorgemaßnahmen in der Nutztierhaltung, die das Verletzen der Tiere untereinander vermeiden sollen.

„Unsere Kollegen in Niedersachsen – das Bundesland mit den meisten Schweine haltenden Betrieben und einer herausragenden Nutztierhaltungsforschung insbesondere zum Phänomen des Schwanzbeißens bei Schweinen – bewiesen in jahrelangen Versuchen, dass das Halten von Tieren mit unkupiertem Ringelschwanz in der Breite nicht funktioniert, sondern stark von betriebsindividuellen Einflüssen abhängig ist“, erläuterte Benny Hecht, LBV-Vorstandsmitglied und selbst Schweinehalter die Sachlage. „Für uns Tierhalter sind gesunde Tiere das Wichtigste. Jedes Einfalltor für Erkrankungen wie zum Beispiel Verletzungen etwa durch das Schwanzbeißen bei Schweinen oder durch das Hörnerstoßen bei Kühen, versuchen wir, von vornherein auszuschließen.“

Jana Gäbert, als Geschäftsführerin der agt Trebbin GmbH verantwortlich u.a. für die Milchrindhaltung im Betrieb mit einem Bestand von rund 1.000 Tieren, verdeutlichte die Folgen der erschreckend einseitigen Perspektive auf die Nutztierhaltung in Deutschland, die sich in den letzten Jahren manifestiert hat:

„Wir gehen immer von uns Menschen aus. Wir denken, für eine Milchkuh gäbe es nichts Besseres als der ganzjährige Weidegang, dabei braucht sie gerade im Sommer den Schutz und die Kühle des Stalles, ihren Liegeplatz und ihre Melkroutine. Jungen Menschen, die wir dringend als Fachkräfte suchen, wird vermittelt, dass sie von morgens bis abends in der Tierwirtschaft schwer rackern müssen. Dabei haben wir gerade in unseren Brandenburger Betrieben überwiegend unabhängige Angestelltenverhältnisse mit regulären Urlaubszeiten, Absicherung im Krankheitsfall, beste Arbeitsbedingungen mit hochmoderner Technologie, die Spaß macht und einen hohen Tierwohlanspruch. Jeden Tag, wenn ich die Zeitung lese oder Nachrichten schaue, stelle ich fest, wie verzerrt das Bild von der Landwirtschaft und von unserer Sorge um unsere Tiere und unsere natürlichen Ressourcen ist. Das finde ich immer wieder erschütternd.“

Dass Kühe häufig in der Öffentlichkeit als „Klimakiller“ bezeichnet werden, ist für Brandenburgs engagierte Milchrindbetriebe eine weitere ungerechtfertigte Aburteilung, betonte LBV-Tierreferentin Marlene Hansche. „Die Klimawirkung der Milchviehhaltung wird nicht durch den Verzicht auf Milch erzielt, sondern durch eine effektive Milchproduktion dank effektiven Futterbaus und einer Fütterung, die die Gesundheit, die Leistung und die Langlebigkeit der Kuh berücksichtigt.“

In beiden Netzwerktreffen informierten sich Brandenburgs Tierhalter fachlich zu zukunftsweisenden Praktiken der mobilen Schlachtung, der optimierten Fütterung zur Reduzierung von Treibhausgasen in der Tierhaltung, zu neuen Sensortechnologien für das Gesundheitsmanagement und vor allem zur Prävention von Seuchenereignissen. Einmal mehr wurde der Widerspruch zwischen dem hohen Engagement der Tierhalter für eine Weiterentwicklung ihrer Betriebe deutlich und dem, was politische Entscheidungsträger ihnen ohne Berücksichtigung des Marktgeschehens und der Praxistauglichkeit auferlegen. Agrarpolitik muss sich jedoch vom Bekenntnis zur Landwirtschaft leiten lassen, nicht von Misstrauen, so ihr Fazit.

Hintergrund

Mit der Aufgabe von Produktionszweigen der tierischen Erzeugung sinken die Bestandszahlen von Milchrindern und Schweinen kontinuierlich weiter unter das erforderliche Niveau für eine ausgewogene Kreislaufwirtschaft. Brandenburg hatte zum Stichtag 3. Mai 2024 noch 517.000 Schweine, im Vorjahr waren es mit 525.400 Tieren bereits ähnlich wenige. 2016 lag der Bestand noch bei rund 800.000 Tieren, seit 1991 ist die Anzahl der Schweine um mehr als 60 Prozent zurück gegangen. Sie betrug im Mai 1991 rund 1,31 Millionen Tiere in rund 2.200 Haltungen, heute sind es noch etwas mehr als 500 Schweinehaltungen.

Ähnlich verhält es sich bei den Milchrindern. Zum Stichtag Mai 2024 gab es in Brandenburg 121.600 Milchkühe, 200 Tiere weniger als im Vorjahr. Seit der Erhebung im Mai 1991 hat sich der Milchrindbestand ebenfalls mehr als halbiert (um 58 Prozent von rund 287.000 Tieren). Von rund 1.180 Milchrindhaltungen noch im Jahr 1991 sank die Anzahl auf derzeit 280.