Plausible Datengrundlage für
Nitratmessung dringend erforderlich

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Meike Mieke

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Unplausible Messtellenergebnisse zu Nitrateinträgen gehen zu Lasten der Landwirte

Für den richtigen und geeigneten Schutz des Grundwassers in Brandenburgs Böden ist eine zeitgemäße, technisch einheitlich standardisierte, zuverlässige und plausible Datengrundlage erforderlich. So das Fazit der gestrigen Videokonferenz des Landesbauernverbandes, in der sich mehr als 70 Landwirtinnen und Landwirte zur Sachlage des Düngerechts im Land Brandenburg und einer im Raum stehenden nochmaligen Ausweitung der nitratbelasteten Gebiete informierten. Vortragende waren LBV-Präsident Henrik Wendorff sowie die Rechtsanwälte Dr. Matthias Peine und Dr. Konrad Asemissen.

Aktuell werden durch das Land Brandenburg Daten durch Grundwassermessungen an ca. 2.100 Messtellen erhoben. Baulicher Zustand, Alter und die Positionierung der Messeinrichtungen sind landesweit äußerst heterogen. Werte von Messstellen auf belasteten Flächen wie etwa von Klärwerken, in der Nähe von Robinienhainen mit hohen Nitratanreicherungen oder auf Terrains mit historisch bedingten Altlasten führen insbesondere im Vergleich mit benachbarten Bewirtschaftern zu nicht nachvollziehbaren Messergebnissen. Gleichzeitig bilden diese Messungen jedoch die Grundlage der im Januar 2021 novellierten Brandenburger Düngeverordnung, bei der auch die Gebiete mit hoher Nitratbelastung im Grundwasser, die so genannten roten Gebiete, neu ausgewiesen wurden.

Für das Ausbringen von Düngemitteln in diesen Gebieten schreibt die Düngeverordnung einen Katalog von strengen Auflagen vor. Härteste Restriktion ist hierbei die Düngung von nur noch 80 Prozent des errechneten Nährstoffbedarfs der Kulturen, was sich unmittelbar auf die Qualität und Quantität der Ernteerzeugnisse auswirkt. Hinzu kommen die Herausforderungen des natürlich benachteiligten Standorts Brandenburg mit sanddominierten, eher nährstoffarmen Böden und sehr geringen Jahresniederschlägen.
Die Folgen der unplausiblen Nitratmessungen tragen viele Landwirtinnen und Landwirte, die ihre Flächen zuvor vorbildlich bewirtschafteten. Sie müssen spätestens seit der Neuregelung 2021 betriebswirtschaftlich einschneidende, verschärfte Düngeregelungen auf einer Grundlage von Messdaten einhalten, die häufig nicht erklärbar sind.

Unmittelbar betroffen von den Folgen einer unklaren Datenlage an den Grundwassermessstellen ist auch LBV-Präsident und Biolandwirt Henrik Wendorff, dessen Flächen im roten Gebiet liegen. Sein Fazit:

"Wir sind sehr dicht dran an den Ursachen eines fehlerhaften Systems. Leider ändert das im Augenblick nichts an den bestehenden Restriktionen der aktuellen Düngeverordnung, die in ausgewiesenen nitratbelasteten Gebieten den Düngungsbedarf massiv drosselt. Wir halten daran fest, dass nur eine datensichere und verursachergerechte Ausweisung der roten Gebiete den notwendigen Gewässerschutz und die Bewirtschaftung unserer Flächen gleichzeitig ermöglicht.“

Der LBV-Präsident weist noch einmal ausdrücklich darauf hin, dass es ich in der Diskussion stets um Messungen der Grundwasserqualität in den oberen Schichten handelt, nicht aber um Messungen der Trinkwasserqualität in den tieferen Schichten des Grundwasserkörpers. Diese ist in keiner Weise beeinträchtigt.

Der Landesbauernverband schlägt vor, die Problematik des teilweise veralteten, heterogenen Messtellennetzes in Brandenburg in den Fokus zu nehmen und Methoden der Plausibilitätsmessungen durch Stütz-Messtellen zu überprüfen. In den kommenden Wochen wird man den Druck auf die politischen Verantwortlichen hochhalten, um zu sachgerechteren Lösungen zu kommen.

Hintergrund

Die Bundesregierung hat am 14.01.2022 gegenüber der Europäischen Kommission weitgehende Zugeständnisse zur Änderung der Rechtslage bezüglich der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten (AVV Gebietsausweisung - AVV GeA) eingeräumt.

In Folge dessen sind die Verfahren und die Kriterien für die Abgrenzung der roten Gebiete neu zu regeln. Bis Mitte Februar soll die Bundesregierung ein Konzept für ein einheitliches Verfahren zur Gebietsabgrenzung ohne Anwendung des Emissionsmodells vorlegen. Nach Abstimmung mit der EU-Kommission würde dies mit einer Änderung der AVV im Bundesrat verabschiedet werden. Im Anschluss werden alle Länder ihre Gebietsausweisung erneut ändern müssen.

Die neuen Pläne aus Brüssel bedeuten eine unschärfere Ausweisung nitratbelasteter Gebiete, da das bisherige Emissionsmodell abgewendet und die gesamte Binnendifferenzierung zur Disposition steht. Die EU-Kommission fokussiert auf Messwerte in Grundwasserkörpern, die in Brandenburg nachweislich erhebliche Ungenauigkeiten aufweisen. Dies führt dazu, dass auch viele Betriebe, die nachweislich ordnungsgemäß düngen, pauschal und großräumig mit Auflagen überzogen werden.